Mal ehrlich

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24th Annual American Society of Cinematographers Awards-Press Room



Dieser Mann erkennt sie alle: Lügen, die sich in unserem Gesicht abzeichnen, ohne dass wir uns dessen bewusst sind. Tim Roth spielt Dr. Carl Lightman in der Serie “Lie to me” auf VOX (Mittwochs, 21.15 Uhr). Schon im Traler wird ähm, getrickst: Angebliche Auszeichnungen wie 19 Oscars, 30 Emmys und 15 Golden Globes werden der Serie angedichtet. Doch wer aufpasst, bekommt am Ende die Auflösung mit. Nämlich, dass das auch nur eine Lüge war. (In Wirklichkeit gab’s eine Emmy-Auszeichnung in 2009 für’s beste Intro!) Die Serie basiert auf echten Forschungen des Professors Paul Ekman, die in der Sendung dargestellt werden. Seine Theorie besagt, dass die Mimik eines Menschen genetisch und nicht sozial bedingt ist und Lügen die Menschen vereint. Ob Tim Roth beim Interview nun immer die Wahrheit sagt?

Die neue Crime-Serie “Lie to me” ist in den USA bereits zu sehen. Was reizt Ihrer Meinung nach das Publikum immer wieder einzuschalten?

Ich glaube, es macht dem Publikum Spaß, wenn sie anderen Menschen beim Lügen zuschauen können. Ich kriege immer wieder Reaktionen von Fans, meist sind es Paare. Sie erzählen mir dann, dass sie die Technik, die wir in der Serie anwenden, an ihren Partnern ausprobieren und sie somit besser und schneller beim Lügen ertappen (lacht).

Die Show ist also eine Art Paar-Therapie?

Ja, so ungefähr. Das ist ja so großartig an dieser Serie. Du kannst sie in irgendeiner Form zuhause anwenden. Welche TV-Serie kann das schon?

Mr. Roth, worauf können sich die Zuschauer in der neuen Serie besonders freuen?

Auf viele kleine Lügen (lacht). Es ist eine wirklich besondere Show, die mir persönlich sehr viel Spaß macht. Mein Charakter Dr. Carl Lightman, ist ein Psychologe, der anhand der Körpersprache, Gesichtsausdrücke und sogenannten Mikroausdrücke bei Menschen erkennen kann, ob sie die Wahrheit sagen oder lügen.

Was hat Sie an der Serie gereizt?

Wenn ich ehrlich bin, ich habe zunächst abgelehnt, weil ich nicht sicher war, ob ich ein so langes Engagement annehmen konnte. Sowas habe ich zuvor noch nicht gemacht. Was mir aber an der Figur gefallen hat – und es war die Rolle, die mich wirklich gereizt hat zuzusagen – war die Möglichkeit, diese zu entwickeln. Der Horizont der Figur ist ziemlich weit und man kann leicht mit allen möglichen Ereignissen ankommen, in die er verwickelt werden wird. Ich war also der Meinung, dass die Figur Potential zur Langlebigkeit hatte und dass es Spaß machen würde, sie zu spielen, weil er so ein notorischer Lügner ist. Ich meine, er lügt bei jeder Gelegenheit. Und das hat mir gefallen. Die Figur selber ist eine Art Schauspieler. Und das hat mir irgendwie besonders gut gefallen. Ich war jedoch nicht sicher, ob ich bereit war, diesen Weg zu gehen, weil es ein ziemlich steiniger Weg ist.

Die Charaktere Ligthman und sein weibliches Pendant Dr. Gillian Foster gelangen auf verschiedene Weisen zum gleichen Ziel.

Ja, das ist auch eins der Dinge, die im Laufe der Zeit mehr und mehr ausgearbeitet werden. Es gibt einen Grund dafür, warum die beiden zusammenarbeiten und warum sie sich ergänzen. Sie kann ihm in Zaum halten, weil er dazu neigt, die Kontrolle zu verlieren. Es existiert also ein gutes Gleichgewicht. Und das Arbeiten mit meiner Kollegin Kelli Williams reflektiert das für mich. Weil ich, was das Schauspielern angeht, einen so anderen Hintergrund habe als sie. Zunächst einmal komme ich aus England, es ist aber auch mein erster Schritt ins Serienfach. Das ist eine ziemlich schwierige Welt für jemanden wie mich. Manchmal fühlt man sich wie gefangen in einem Käfig, so eingeschränkt, und das ist unangenehm. Aber meine Figur will das ja auch nicht, also kann ich ein wenig wild und unkontrolliert werden und Kelli fängt mich dann wieder ein. Das tut sie oft. Realität und Fiktion verbinden sich also wunderbar.

Haben Sie durch die Mitarbeit an dieser Serie auch privat viel übers Lügen gelernt?

Ja, das habe ich (lacht). Ich erwische meine Kinder jetzt viel schneller, wenn sie mal nicht die Wahrheit sagen. Nein, wenn ich ganz ehrlich bin, dann bin ich privat ein rechter Holzklotz, wenn es darum geht, Menschen beim Lügen zu ertappen.

Fänden Sie es erstrebenswert, die Fähigkeiten von Lightman zu besitzen?

Oh, das ist eine schwierige Frage. Wie gesagt, ich bin recht naiv, wenn es um das Erkennen von Lügen geht. Aber als Vater habe ich natürlich ein Verständnis dafür, wenn meine Kinder mich anschwindeln. Von daher habe ich sicherlich auch ein bisschen die Fähigkeiten, die Lightman besitzt. Aber möchte ich jeden Tag durchs Leben gehen und jeden Menschen bei einer Lüge ertappen? ¬ Nein, das wäre mir viel zu anstrengend.

Haben Sie in Ihrem privaten Leben schon einmal eine perfekte Lüge erzählt?

Ja, habe ich. Nächste Frage (lacht). Ich finde es toll, dass in der Serie auch Gesichter realer Persönlichkeiten aus unserem Leben eingebaut werden, um darzustellen, was die einzelnen Gesichtsausdrücke bedeuten. Ja, das ist ein guter Trick. Sie bringen wahre Persönlichkeiten in die Serie, besonders dann, wenn es sich um Politiker handelt, weil das jeder versteht – das berühmte Gesicht. Ich finde, das ist eine gute Sache. Dann sagt man nämlich plötzlich: “Das stimmt wirklich! Das funktioniert tatsächlich!” Das macht ein Gleichgewicht aus. Wenn man ein zu großes Gewicht auf die Wissenschaft in der Serie legt, dann schreckt das die Zuschauer ab. Zu wenig, dann sieht’s aus wie Zauberei. Man muss also ein Gleichgewicht finden.

Da in “Lie to me” auch die kleinsten Gesichtsausdrücke eine große Rolle spielen, ist diese Serie nichts für Botox-Fans, oder?

(lacht). Nein, das ist sie wahrlich nicht. In unserer Serie können alle Kollegen in Würde altern. Aber sobald die Staffel abgedreht ist, werde ich an mir alles machen lassen, darauf können Sie sich verlassen (lacht laut).

Was sind Ihre Hoffnungen für die Serie?

Ich hoffe, dass sie funktioniert. Für mich als Außenseiter, der dazugekommen ist, ist es faszinierend zuzusehen, wie sie zu sich selbst findet. Und ich denke, dass es darum in der ersten Staffel geht, der Versuch danach zu suchen, wo sie hingehört, was sie ist, und ich glaube, dass wir das hinkriegen. Ich glaube auch, dass wir die Zuschauer ansprechen. Mein Wunsch ist, dass sie funktioniert und dass wir die Gelegenheit haben, ein paar Staffeln lang herumzuspielen und ausprobieren, ob es auch länger funktioniert. Ich sehe das als ein Experiment. So ähnlich wie der Versuch, einen kleinen Film oder ein Theaterstück zu machen, alle acht Tage, und zu schauen, ob wir das Publikum erreichen, sie einspannen können, ihnen etwas zu denken geben und Freude zu machen. Ich hoffe also, dass wir ein wenig herumspielen können für eine Weile. Es ist allein schon interessant dabei zu sein und zu erleben, ob ich stark genug dafür bin, weil es wirklich anstrengend ist.