Susans Welt
Susans Welt
Susan Sarandon braucht keine Einführung. Denn es ist Susan “Oh-mein-Gott-die-ist-sooo-toll” Sarandon. Die Janet Weiss in der „Rocky Horror Picture Show“, die Louise in „Thelma und Louise“ und jetzt die Oma Lynn in „In meinem Himmel“ (ab 18.02. im Kino). Seit über 40 Jahren gehört die US-Amerikanerin zu Hollywood wie Ketchup zu Pommes, es geht einfach nicht ohne sie. Die Regisseure lieben sie, wir lieben sie – Susan Sarandon kann einfach nichts falsch machen!
Kannten Sie bereits den Roman?
Ja. Das war kurz nach dem 11. November. Damals trug wirklich fast jeder eine Kopie des Buchs mit sich herum. Es spendet Hoffnung, dass es eine weiter bestehende Verbindung zu den Menschen gibt, die gestorben sind – speziell jene, die auf unerwartete, gewaltsame Weise ums Leben gekommen sind. Als ich das Buch las, fand ich den Abschnitt im Himmel nicht sonderlich interessant. Ich habe da so schnell wie möglich durchgeblättert. Mich interessierte mehr die Frage, wer der Täter war. Die Szenen im Himmel nehmen im Film einen großen Raum ein. Ich finde, das ist jetzt dank Peter Jacksons beeindruckender Fantasie und der eleganten Umsetzung viel stärker als im Buch. Es ist ein eigenartiger und doch schöner Ort. Im Film geht es mehr darum, ob der Mörder entdeckt wird und Susie ihren Frieden findet.
Der Film ist linearer erzählt?
Naja, das trifft schon auch auf das Buch zu.
Waren Sie vom fertigen Film überrascht? Beim Dreh konnten Sie ja gar nicht ahnen, wie das später einmal aussehen würde.
Das ist das Schöne bei einem Film, der nicht auf meinen Schultern ruht: Man kann ihn wirklich genießen (lacht). Wenn man sich selbst auf der Leinwand sieht, ist das nicht immer einfach. Man wundert sich dann, wo das Ende einer bestimmten Szene geblieben ist oder warum der Mittelteil einer anderen Szene fehlt. Wo sind die hin? Wenn man einen Film also zum ersten Mal sieht, sind vor allem die Strecken, in denen man selbst nicht vorkommt, eine große Freude und Überraschung. Mir hat es Spaß gemacht, all die anderen Sachen zu sehen.
Trotz seines ernsten Themas ist der Film nicht frei von Humor. Dafür ist auch Ihre Figur zuständig.
Ja, ich sorge für die befreienden Lacher. Mir gefällt das. Und die Tatsache, dass man sich keine unwahrscheinlichere Person vorstellen kann, die den Haushalt übernehmen könnte. Wir hatten einigen Spaß bei meinen Versuchen, den Staubsauger anzuschließen, und der Tatsache, dass ich keine Ahnung vom Kochen habe. Ich sage nie etwas in diesem Film, ohne einen Drink oder eine Zigarette in der Hand zu halten. Als ich die Hausarbeit übernehme, bin ich noch völlig aufgetakelt. Von da an geht’s bergab. Ich verliere mein Make-Up und meine Nägel und meine Frisur, alles. Ich packe es einfach nicht. Und mein Charakter „Lynn“ spricht all die unangenehmen und unpassend erscheinenden Wahrheiten aus, die man selber gerne sagen würde, meistens aber nicht den Mut dafür hat. Ich hoffe, die Menschen fühlen sich von ihr nicht auf den Schlips getreten, aber ich muss sagen, dass ich sie für ziemlich großartig halte.
Interessant ist, wie die verschiedenen Figuren mit der Tragödie umgehen. Das machte bereits das Buch so spannend.
Wenn Familien mit Tragödien konfrontiert werden, ist es spannend zu sehen, wer das Ruder in die Hand nimmt. Das sind nicht immer die Leute, von denen man das glauben würde. Meine Mutter hatte einen Herzinfarkt. Zwei Schwestern und ein Bruder eilten zur Hilfe. Eine Schwester nahm sich der Angelegenheit an, die beiden Anderen waren zu nichts zu gebrauchen. Allerdings nicht die ganze Zeit: Nachdem die Krise abgewendet war, brach die eine Schwester zusammen – und die beiden Anderen richteten sie wieder auf. Die Menschen verfügen zu verschiedenen Zeitpunkten über verschiedene Talente. Und Grandma Lynn ist in „In meinem Himmel“ diejenige, die sagt: „Okay, wir müssen weitermachen, wir müssen uns zusammenreißen.“ Wie gesagt, ich mochte diese Figur wirklich gern. Sie zu spielen, hat Spaß gemacht.
Hat Peter Jackson als Regisseur Ihre Erwartungen erfüllt?
Eine meiner besten Eigenschaften ist es, keine Erwartungen zu haben. Dadurch kann ich offen bleiben. Natürlich war ich sehr gespannt darauf, mit ihm zu arbeiten. Wir drehten den Film in den USA und in Neuseeland, wo er lebt. Aber meine Szenen wurden alle in den Staaten gedreht. Ich hoffe also, nach Neuseeland zu kommen, wenn wir den Film dort bewerben. Ich habe noch nicht viel von Neuseeland gesehen, aber das Wenige reicht aus, mich sagen zu lassen, dass ich das Land liebe. Es ist wunderbar und auch politisch sehr interessant. Ich hatte sogar einmal mit dem Gedanken gespielt, nach Neuseeland auszuwandern, wenn man mich in der Zeit vor dem Krieg aus meinem Land ausgewiesen hätte. Neuseeland wäre meine erste Wahl gewesen. Aber man muss doch ein ganzes Stück fliegen.
Sie scheinen Peter Jackson ebenso sehr zu mögen wie das Land…
Tue ich. Peter hat eine Vision, und ich verbringe meine Zeit bevorzugt mit Menschen, die Visionen haben. Er kontrolliert seine Filme von Anfang bis zum Ende. Das gibt es nicht mehr oft. Ich habe ein paar nicht so schöne Erfahrungen mit Autorenfilmern gehabt, speziell wenn sie Debütanten waren. Man macht mit Begeisterung mit, und sieht man dann den fertigen Film und denkt sich: „Wie haben sie es nur angestellt, ihn davon zu überzeugen, all die Dinge, die er selbst geschrieben hat, aus dem Film herauszuschneiden?“ Wenn man das mehrere Male erlebt hat, vier oder fünfmal, fängt man an, davon gelangweilt zu werden. Bei „In meinem Himmel“ konnte ich wenigstens sicher sein, dass das Resultat nicht von einem Komitee beschlossen sein, sondern auf einer Entscheidung von Peter Jackson beruhen würde. Ich war sehr angetan, als mir die Rolle angeboten wurde, und fühlte mich geschmeichelt, dass man an mich gedacht hatte.